Der Hund muss raus. Bei jedem Wetter!

Eine Gassirunde mittags muss sein, wenn der Hund den ganzen Vormittag alleine war. Egal bei welchem Wetter. Oder?
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Es ist wieder soweit. Die Tage meiner ganz persönlichen Nemesis sind zurück. Für den Norden untypisch heiße Sommertage und ihre Begleiterscheinungen in der Hundewelt.

Ich habe für vieles Verständnis, vor allem bei Belangen von Hundehaltern. Unter besonderen Umständen bin ich jedoch ein Mensch mitohne viel Geduld und ich liebe meine Wahlheimat Nordfriesland, vor allem dafür, dass es hier im Sommer nicht so heiß wird. Normalerweise. Ich sitze gerade auf der Terrasse, meine Uhr sagt es ist halb vier, mein Thermometer murmelt erschöpft irgendwas von um und bei 30 Grad. Im Schatten. Meine Hunde liegen hechelnd in der Garage und verweigern jedwede Reaktion. Nein, ich bin nicht am Deich, nicht am Strand und nicht im Eiscafé. Da sind mir zu viele Touris. Mit ihren Hunden. Heute Vormittag, noch weit entfernt von der Mittagszeit zeigte mein Außenthermometer mir schon kuschlige 27 Grad im Schatten, als ich mich auf den Weg zum nächsten Hausbesuch machte. Auf dem Weg dorthin sah ich Menschen, die sich mit ihren Hunden durch die Hitze schleppten. Menschen allen Alters. Rentner, Mittvierziger, Twens. Egal. Wie´s aussieht haben sie allerdings eins gemeinsam: Das Hirn scheint aufgrund der hohen Temperaturen bereits out of order zu sein. Anders kann ich mir nicht erklären, warum Menschen bei dieser Affenhitze ihre Hunde hinter sich herziehen. Der Klassiker: er/sie/es fährt Fahrrad, weil es ja zu Fuß zu warm ist. Da hat man wenigstens ein wenig Fahrtwind. Der Hund trabt nebenher, kurz vor´m Kollaps. Nach meinem Termin, wieder auf dem Heimweg, das gleiche Bild. Hundehalter auf Gassitour mit ihren Vierbeinern. Inzwischen war es halb eins mit einer Außentemperatur von stolzen 32 Grad.

Die Annahme, dass ein Hund drei Mal am Tag raus muss, hält sich genauso hartnäckig wie die identisch absurde Behauptung Trockenfutter sei besonders gut für die Zähne.

Kommt man mal ins Gespräch mit einem Vertreter dieser Hitzegassigänger bekommt man erstaunlich oft zu hören: „Wieso?! Er läuft immer brav mit.“ Ja, was soll er auch anderes machen? Oder es kommt: „Er steht immer schon freudig wedelnd an der Tür. Also will er ja auch raus. Und er muss ja auch mal Pipi.“ Solange es sich jedoch nicht um einen Welpen oder einen Inkontinenzpatienten handelt, ist das schlicht nicht richtig! Wann gehst du abends das letzte Mal mit dem Hund raus zum Pieschen (Norddeutsch für „Pipi machen“)? Und wann morgens das erste Mal? So. Und wie viele Stunden liegen dazwischen? Die Zahl, die du jetzt im Kopf hast, ist die Zeitspanne, die dein Hund maximal aushalten kann/könnte. Mal angenommen der Hund ist es gewöhnt, dass er abends um halb zehn das letzte Mal raus kann und morgens wieder um halb sieben. Dann sprechen wir von einer Zeitspanne von neun Stunden, in denen der Hund es schafft dir nicht auf den Teppich zu machen. Was also bringt dich zu der Annahme, dass der Hund mittags zwischen 12 und 15 Uhr zwingend raus muss? Im Sommer. Bei Affenhitze.

Du gehst immer mittags nach der Arbeit und das geht auch nicht anders, weil der Hund sonst Rambazamba macht? Ja, kenn ich. Machen meine auch. Aber nicht, weil ihnen gleich die Blase platzt, sondern weil sie genau wissen: „Wenn ich dieses oder jenes Geräusch aus der Garage höre….“, oder „Wenn Frauchen ihren Kaffeebecher in die Spüle stellt….“, oder „Wenn Herrchen die Zeitung weglegt, dann…“ Was dann? Na dann geht´s raus ins Abenteuer! Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Wir haben Handlungsabläufe unbewusst so eingebrannt, dass es für unsere Hunde mehr als ein leichtes Spiel ist, unsere Absichten zu erkennen und unsere Routinen zu durchschauen. Ich trinke z.B. morgens meinen Kaffee, räume danach die Tasse in die Maschine, gehe selber noch mal schnell für kleine Hundetrainer, um dann mit den Hunden raus zu gehen. Spätestens, wenn ich von der Geschirrspülmaschine auf dem Weg zur Toilette bin, blasen meine Jungs zum Aufbruch. Weil sie genau wissen, was jetzt kommt. Hunde lieben Routinen. Und sie tröten eben auch ins Horn, wenn es Samstag ist, ich ausgeschlafen habe und der Meinung bin, dass ich nun um zehn nach elf bei 28 Grad losmarschieren möchte. Zu argumentieren mit „er will ja auch immer mit raus und läuft auch mit“ hieße ja dem Hund vorzuwerfen, dass er nicht schlauer ist als wir und es auch nicht besser weiß…

WENN der Hund alleine raus ginge und dann machen könnte, was er wollte, würde er sich nach dem „dringendsten“ Geschäft und den latest news unter dem nächsten Baum ein hübsches Plätzchen suchen, anstatt weitere 45 Minuten flanieren zu gehen. Nur… die Wahl hat er an unserer Leine ja nicht. Wenn wir mittags nach der Arbeit nach Hause kommen, ist der Hund den ganzen Vormittag alleine gewesen, wir haben deswegen ein schlechtes Gewissen und deshalb geht es fix wie nix nach draußen. Muss ja! Der Hund kann es ja schon kaum noch halten und steht drängelnd an der Tür. Das macht er aber nicht, weil er soooo nötig muss, sondern weil er weiß, dass es drinnen im Gegensatz zu draußen soooo langweilig ist und weil sich das soooo etabliert hat.

Ich werde nicht müde diesen Satz jedes Jahr zu sagen und zu schreiben, wenn das Thermometer fleißig Richtung „tropisch“ klettert:

Hunde sterben nicht, wenn sie mal nicht drei Mal am Tag ihr Geschäft machen können!

Sie sterben auch nicht daran, wenn sie mal aufgrund von „ey, is´echt zu warm heute“ nicht zum Agility, Mantrailing, Obedience oder sonst was können. Aber sie sterben JEDES JAHR wieder an Kreislaufversagen aufgrund von Hitzschlag und Überanstrengung. Witziger Weise sehe ich die Halter, die bei 30 Grad mit ihren Hunden unterwegs sind nie laufen, wenn es aus Kübeln schüttet. Komisch.

Deshalb bin ich im Sommer auch eine der wenigen, die Purzelbäume schlägt, wenn das Wetter typisch nordisch kaputt bleibt und es nicht so heiß wird, wie jetzt im Moment. Dann sehe ich nicht so viele Hunde, die dem Hitzetod nahe sind und muss mich nicht jedes Mal zusammenreißen, damit ich mich nicht im Ton vergreife.

Sollte ich an heißen Tagen mit dem Auto mal vor dir herfahren, halte bitte ein bisschen Trainerin-im-Ausnahmezustand-Abstand. Ich bin die, die gern spontan rechts ranfährt und aus dem Auto springt, wenn sie einen Hund auf Hitzegassitour sieht, um mit dem Halter mal ungefragt ein paar freundliche Worte zu wechseln. Meistens bleibt dann keine Zeit mehr zum Blinken…

Ich geh jetzt mal schauen, ob meine Hunde was brauchen. Ein Eis oder so… Und vielleicht sehen wir uns ja mal beim Gassigehen. Morgens gegen sieben oder irgendwann nach 21.30 Uhr.

Von Herzen tropische Grüße aus dem sonst verlässlich kühlen Norden,
Claudia

Hallo, mein Name ist Claudia,

und du findest mich in Niebüll am nördlichsten Zipfel Nordfrieslands. Hier lebe ich mit meiner Familie und meinen Hunden. Als professionelle Hundetrainerin, zertifizierte Tierheilpraktikerin und Ernährungsberaterin für Hunde bekommst du bei mir die Antworten, die du für dich und deinen Hund suchst.

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