Wer mich schon kennt, weiß, ich brenne für das Thema Tierfutter. Da die Gesundheit, nicht nur bei uns, sondern auch bei unseren Haustieren, nun mal im Darm liegt, kommen wir ums Thema Futter einfach nicht drum rum.
Als ich mit meiner Ernährungsberatung frisch selbstständig war, wollte ich ein Seminar halten, zum Thema Hundefutter. Betitelt wurde das Ganze von mir mit „Die Futter-Lüge“ und ich fand das ganz toll. Sonst redet ja keiner Tacheles, dachte ich. Die rennen mir bestimmt die Bude ein. Dachte ich. Stattdessen, wurde ich wohlwollend beiseite genommen und gefragt, ob das mein Ernst wäre. So ein aggressiver Seminartitel. Da kommt doch keiner. Stimmt leider. Es kam keiner. Und warum? Hunde füttern, soll im Alltag praktisch und bezahlbar sein. Und dann kommt da eine daher, die dir erzählt, dass du es womöglich falsch machst? Nee!
Heute haben meine Seminare wohlklingendere Namen. Obwohl das ein Zugeständnis ist, das ich nicht gern mache. Eigentlich nenne ich die Dinge ganz gern beim Namen. Das ist nur oft nicht kundenkompatibel. Du möchtest nicht hören, dass du bei der Ernährung deines Vierbeiners etwas falsch machst. Womöglich auch noch vor anderen.
Dabei geht es mir gar nicht um richtig oder falsch. Es geht nicht darum, mit erhobenem Zeigefinger zu wedeln. Mir geht es darum, aufzuzeigen, was wir da als Kunden vorgegaukelt bekommen.
Eigentlich wissen wir, als aufgeklärte Konsumenten, dass die Werbung immer ein wenig mit Weichzeichner und Filter arbeitet. Wir wissen, dass die Menschen auf dem Cover der Fernsehzeitung nicht wirklich so aussehen. Oder anderes Beispiel: Jeder, der, wie ich, bei der Volumenverteilung der Haarpracht schlicht vergessen wurde, weiß, dass kein Shampoo der Welt mir Haare zaubert, wie in der Werbung versprochen. Wir wissen auch alle, dass wir unseren Kindern lieber nicht zu viele Kinderriegel geben, weil die gar nicht so gesund sind, wie die Werbung uns glauben machen möchte. Und selbst der durchschnittliche Benzinverbrauch beim Autokauf ist komischerweise später im Alltag fast immer höher, als er vom Hersteller angegeben war. Da wissen wir, dass das nur Werbeversprechen sind. Nur beim Thema Tierfutter nehmen wir erstaunlich viel für bare Münze.
Vor einiger Zeit unterhielt ich mich auf dem Hundeplatz mit einer Halterin, die mir von dem neuen Dosenfutter vorschwärmte, das sie entdeckt hatte. Das würde so gut riechen. Richtig lecker! Leute, Hunde finden Sachen wie Pansen richtig lecker. Am besten nach zwei Tagen in der Sonne. Der Gulaschgeruch, der uns an Omas Kochkünste erinnert, wenn wir die Dose öffnen, ist nur für uns. Für unser gutes Gefühl. Lockstoff für den Dosenöffner Mensch quasi.
Kein Futterhersteller dieser Welt füllt die Säcke oder Dosen, weil ihm so viel an deinem Tier liegt, sondern weil er damit Geld verdienen will. Und kann. Viel Geld. Unmengen. Kohle, Zaster, Mäuse, Moneten. Darum geht es. Nicht um dein Tier.
Wenn du dir die Mittel- bis Premiumklasse der Tierfutter ansiehst, stößt du schnell auf das Werbeargument schlechthin. Der Satz, bei dem mir regelmäßig die Nackenhaare hochkommen:
„Wir produzieren in Lebensmittelqualität.“
Warum ich das so gruselig finde? Dafür muss ich ein wenig tiefer in die Materie einsteigen und der Text , der nun folgt, mag für dich harter Tobak sein, aber unsere Hunde fressen (unter anderem) nun mal Fleisch. Ist es da nicht sinnvoll, sich einmal damit auseinander zu setzen, was die Werbung der Futtermittelriesen verspricht? Und in wieweit diese Aussagen der Realität entsprechen?
Rechtlich gesehen, erlangt Fleisch den Status Lebensmittelqualität, wenn das Tier, von dem es stammt, gemäß den, im Lebensmittel- und Futtermittelgesetz festgelegten, Bedingungen aufgezogen, gefüttert und geschlachtet wurde. Diese Tiere werden vom ersten bis zum letzten Tag überwacht und regelmäßig untersucht. In Bezug auf Tierfutter, ist Lebensmittelqualität allerdings schon insofern ein irreführender Begriff, als das innerhalb der EU gar kein Lebensmittelrecht für Tierfutter existiert. Der Begriff Lebensmittelqualität in einem Satz mit Tierfutter ist reines Marketing. Es gibt lediglich eine gültige Richtlinie, nämlich die EG-Verordnung Nr 1069/2009. Diese Verordnung des Europäischen Parlaments „mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte“ regelt, wie Tiere nach der Schlachtung kategorisiert werden. Das heißt, da steht drin, wie die Teile von der Kuh, die nicht auf unseren Tellern landen, eingeteilt werden, wenn sie für Tierfutter weiterverarbeitet werden, oder wie sie gegebenenfalls zu beseitigen sind.
Es gibt drei verschiedene Kategorien. In der Kategorie 1 werden die Tiere entsorgt, die das höchste gesundheitliche Risiko für Menschen und Tiere darstellen. Sie müssen verbrannt werden. Die Tierkörper der Kategorie 2 müssen zwar ebenfalls komplett beseitigt werden, allerdings besteht hier kein Infektionsrisiko und deshalb dürfen sie auch zur Energiegewinnung eingesetzt werden. Und zuletzt gibt es noch die Kategorie 3. Nur zur Kategorie 3 zugeordnete tierische Bestandteile, das im Fachchinesisch sogenannte K3-Material, dürfen weiterverwertet werden.
Sobald Fleisch die Schwelle zu einer Tierfutterfabrik überquert, verliert es rechtlich den Status der Lebensmittelqualität. Selbst für den menschlichen Verzehr geeignetes Fleisch. Der Hersteller ist aber frei in seiner Auswahl der K3-Materialien. K3-Material kann zum Beispiel aus Muskelfleisch, Leber, Zunge oder Herz bestehen. Es kann aber auch aus Kutteln, Sehnen, Knorpel, Fischabfall oder Küchen- und Speiseabfällen bestehen.
Von einem Schlachttier werden teilweise mehr als 40% entsorgt!
K3-Material kann also bestes Steak sein, dass nur offiziell den Status eines Lebensmittels verloren hat, es kann aber auch alles das sein, was innerhalb der Richtlinie der EU erlaubt ist. Das ist erstens eine ganze Menge und zweitens für uns als Kunden am Endprodukt schlecht erkennbar, weil die gültige Deklarationspflicht leider löchriger ist, als ein Schweizer Käse. Geflügelprotein zum Beispiel kann sowohl ein Hähnchenbrustfilet, als auch Federn, Krallen und Schnäbel sein. Beides ist erlaubt. Und das Huhn, von dem all das stammt, hatte ursprünglich bei der Schlachtung definitiv Lebensmittelqualität, sonst wäre es nicht im K3-Material-Container gelandet, sondern in der Kategorie 1 oder 2 und wäre verbrannt worden.
Lebensmittelqualität ist deshalb, wenn man sich die Zusammenhänge ein wenig auseinander gedröselt hat, in keiner Weise ein besonderes Qualitätsmerkmal, sondern gaukelt lediglich vor, etwas Besseres zu sein, als es tatsächlich ist.
Der neuste Clou in Hundefuttergruppen und Foren sind verschiedene Futter aus Schweden. Die machen aber wirklich gutes Futter. Und die machen das auch tatsächlich, weil ihnen was an den Tieren liegt. So steht es auf den Webseiten. Bei der Gelegenheit sei erwähnt, dass auch Schweden zur EU gehört. Dort gelten also die gleichen Richtlinien, wie bei uns. Kann sein, dass die Futterindustrie dort wirklich und wahrhaftig, ausschließlich zum Wohle unserer Tiere produziert. Mit Zutaten von denen wir uns selbst ein Gulasch kochen würden. Glauben kann ich das nicht. Dabei möchte ich es so gern glauben, weil ich natürlich nur das Beste für mein Tier möchte. Du etwa nicht? Und damit kriegen sie uns.
Und ganz ehrlich, muss man das Thema Hundeernährung nicht auch noch mal aus einer ganz anderen Perspektive betrachten? Lebensmittelqualität? Warum? Hunde sind weder Gourmets noch reine Fleischfresser. Oder Bio? Aha. Für den Hund. Für das Tier, dass sich so erfolgreich an unseren Lebensstil angepasst hat, weil es von Anfang an unsere Reste gefressen hat.
Am Lagerfeuer gab es keine Keule für den Hund. Und in Kriegszeiten wohl auch nicht.
Und sie sind nicht ausgestorben. Im Gegenteil. Aber heute können wir Biofleisch extra für Hunde kaufen, zu Kilopreisen bei denen mir die Augen tränen. Auf dem gleichen Planeten, auf dem wir auch hungernde Kinder haben. Geht´s noch? Sind wir noch ganz dicht? Das ist ein Blickwinkel, der bisher immer noch zu kurz kommt, finde ich. Wo ist die gesunde Relation?
Das Thema Hundefutter ist total umfangreich und lässt sich mit Sicherheit nicht runterbrechen auf die Definition dieses oder jenes einzelnen Begriffes, aber vielleicht ist dieser Artikel ein guter Denkanstoß. So. Und was kannst du jetzt mit dem ganzen Wissen? Lasse ich dich jetzt damit stehen?
Tja, da haben wir sie wieder. Die informierte eigenverantwortliche Entscheidung, die ich so großartig und notwendig finde. Welches Futter du deiner Fellnase gibst, ist ganz allein deine Entscheidung, weil nur du für deinen Vierbeiner die Verantwortung trägst. Umso schöner, wenn du dich ein bisschen auskennst, oder?
Ich bin über meine Kontaktdaten für dich zu erreichen und wenn du dich bis hier durch den Text gekämpft hast und immer noch mehr zu dem Thema wissen möchtest, komm doch in eines meiner Seminare. „Die Futter-Lüge“ zum Beispiel …äh, nee. Jetzt heißt es „Die optimale Fütterung“.
Von Herzen tierische Grüße,
Claudia